Von der Auftrags- zur Produkt-Orientierung

Viele Unternehmer fangen ihr Unternehmen an, indem sie im Auftrag ihrer Kunden tätig werden. Meist ist ihnen nicht bewusst, was diese Auftragsorientierung bedeutet, und dass sie anfänglich sinnvoll sein kann, mit der Zeit, unter veränderten Bedingungen oder mit zunehmendem Erfolg des Unternehmens dieses aber in Schwierigkeiten bringt. Oftmals wird auch dann noch an ihr festgehalten, wenn sie nicht mehr sinnvoll ist, weil sie die Identität des Unternehmers und des ganzen Unternehmens prägt und ihr sein Erfolg zugerechnet wird. Viele Unternehmer, oder oftmals ihre Nachfolger, scheitern, weil sie die notwendige Entwicklung nicht erkennen bzw. nicht rechtzeitig vollziehen.

Auftragsorientierung

Auftragsorientierung bedeutet, dass durch den Auftrag des Kunden die zu erstellende Leistung bestimmt wird. Der Kunde legt fest, was in Umfang und Qualität genau gefertigt wird, oftmals auch den Liefertermin. Der anbietende Unternehmer versucht, durch Ausstattung und Qualität seiner Produktionskompetenzen die Zuverlässigkeit und Güte seiner Leistung zu unterlegen. Seine Expertise liegt für ihn im Produktionsprozess, er versteht sich als eine Art Dienstleister für seinen Kunden.

Diese Auftragsorientierung hat Vor- und Nachteile. Zum einen trifft das an den Vorgaben des konkreten Kunden ausgerichtete Angebot dessen Vorstellungen genau und der Unternehmer bildet in der Interaktion mit diesem ein kundenspezifisches Knowhow. Zum anderen ist die damit einhergehende Einzel- oder Kleinserien-Fertigung relativ kostenintensiv, und Produktion und Auftragsabwicklung werden mit der Zeit oder bei zunehmendem Wachstum immer komplexer. Diese Komplexität bedeutet auch, dass Mitarbeiter gebraucht werden, die fachlich hinreichend qualifiziert sind und mit dieser umgehen können – in Zeiten des Facharbeitermangels ein weiteres Hindernis.

Mit der Zeit und oder wenn das Unternehmen eine gewisse Größe erreicht, überwiegen die Nachteile der Auftragsorientierung ihre Vorteile und das Unternehmen droht zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten, wenn es die notwendigen Änderungen nicht vollzieht. Zudem prägt die auftragsorientierte Vorgehensweise das Bewusstsein der handelnden Personen. Die Orientierung an wichtigen Kunden führt dazu, dass diese die Entwicklung des Unternehmens prägen und letzten Endes seinen ökonomischen Erfolg bestimmen. Oftmals entsteht gar eine Abhängigkeit von wenigen wichtigen Kunden, die das Unternehmen in Gefahr bringen, wenn diese ihrerseits schwächeln. Durch die Auftragsorientierung meint der Unternehmer zwar, für unterschiedliche Bedürfnisse unterschiedlicher Kunden offen, selbst also flexibel zu sein und so sein Risiko zu streuen. Aber auch diese Einschätzung ist allenfalls anfänglich stimmig, sie kehrt sich mit der Zeit und bei zunehmender Abhängigkeit von einzelnen Kunden um. Schließlich kann bei der Auftragsorientierung der Anbieter seine Kompetenz und Innovationen nur bedingt zum Tagen bringen. Deshalb kommen viele Auftragsfertiger in die Schwierigkeit, vornehmlich über den niedrigen Preis zu konkurrieren.

Strukturelle Änderung des Unternehmens bedarf der Bewusstseinsänderung

Da das Problem im Kern darin besteht, dass der Unternehmer an der nicht mehr angemessenen Auftragsorientierung festhält, kann er das Problem selbst in Angriff nehmen. Die Kompetenz, die mit der Akquisition und Bearbeitung der einzelnen Kundenaufträge entstanden ist, kann genutzt werden, um ein eigenes, selbstbestimmtes Produkt-Angebot zu entwickeln, das für einen größeren Markt als den bekannten Kundenkreis attraktiv ist, und das aktiv, d.h. ohne vorherige Anfrage, gezielt und mit einzigartigen Produktvorteilen versehen vermarktet sowie standardmäßig und kostengünstig hergestellt werden kann. Allerdings setzt diese strukturelle Veränderung des Unternehmens zunächst eine Änderung im Bewusstsein des Unternehmers voraus. Diese Bewusstsein-Veränderung beinhaltet, sich aus der persönlichen Bindung an die Kunden zu lösen und die eigene Identität neu zu bestimmen. Die Lösung aus der Kundenbindung bedeutet dabei eine Schwierigkeit, weil viele Unternehmer diese Kundenorientierung als eine ihrer Stärken und Wettbewerbsvorteile begreifen, an der sie unbedingt festhalten wollen. Auch die Kompetenz, den Bedürfnissen des Kunden genau entsprechen zu können, halten sie für eine Fähigkeit, die ihre Existenz sichert. Erst indem der Unternehmer sich seiner selbst bewusst wird und seine Identität im Hinblick auf den Markt, den er zukünftig bearbeiten will, neu klärt, schafft er sich und dem Unternehmen eine Entwicklungsmöglichkeit. Dieser Entwicklungsprozess ist alleine und im bestehenden Unternehmen, das ja insgesamt auftragsorientiert geprägt ist, nur schwer vollziehbar. Es gibt keine Alternative dazu, dass der Unternehmer mit dieser Veränderung bei sich selbst beginnt. Im Unternehmer-Studium finden Unternehmer einen Ort und Mitstreiter, die sie in dieser persönlichen Entwicklung und der ihres Unternehmens unterstützen.